Ein Kommentar von Hans-Jürgen Steiger, Vaihingen

Sind Sie interessiert an einem schmu-
cken Bahnhof, zentrumsnah, etwas in
die Jahre gekommen, aber dennoch at-
traktiv? Dann greifen Sie zu! Die
Stadtverwaltung bietet unseren, im Jah-
re 1904 eingeweihten, ehemaligen
Stadtbahnhof zum Verkauf an. 250 000
Euro und ein Nutzungskonzept sind
auf den Tisch zu legen. Liest man in den
Verkaufsunterlagen, handelt es sich
hierbei wohl um ein wahres Schnäpp-
chen: „Das Gebäude ist ein markanter
Vertreter für die künstlerische Reform-
bewegung in den ersten Jahren des 20.
Jahrhunderts, die auf der Grundlage des
Jugendstils den Historismus des 19.
Jahrhunderts überwunden hat.“ Einmal
mehr zeigt sich, dass die Verwaltung
eine geringe Wertschätzung Gebäuden
entgegenbringt, die meiner Meinung
nach kulturhistorisch überaus wichtig
und für die Stadtentwicklung von he-
rausragender Bedeutung waren.

Es wird offensichtlich wenig Sinn darin gese-
hen, solche Zeitzeugen in städtischem
Besitz zu belassen, zu sanieren und ei-
ner sinnvollen Nutzung zuzuführen.
Stattdessen liegt das Augenmerk der
Verwaltung städtebaulich derzeit ver-
stärkt auf gesichtsloser Nachverdich-
tung in der Kernstadt. Historisch ge-
wachsene Strukturen gehen unwie-
derbringlich verloren. Die Stadt verliert
dabei nach und nach ihr Gesicht. Ge-
winnmaximierte Bauträgerarchitektur
ist im Areal der Wilhelmshöhe bereits
zu erleben und vermutlich bald auch in
der Hans-Krieg-Straße (ehemals
Kino) und „Auf dem Angel“. Eine der
wichtigsten Aufgaben des neuen Ge-
meinderats wird die kritische Begleitung
in der Stadtentwicklung sein. Bleiben
wir wachsam. Es ist auch unsere Stadt!